26. November 2024
Ausgedehnte Landwirtschaftsflächen mit einem Flickenteppich aus Dörfern und nicht zuletzt die Region Eifel mit ihren dichten Wäldern und eindrucksvollen Landschaftsszenarien – diese Parameter prägen die Gegend um das nordrhein-westfälische Städtchen Euskirchen. In dieser Atmosphäre hat eine Familie aus Köln zusammen mit Gernot Schulz Architektur und der Tischlerei Sommer ihren Zweitwohnsitz errichtet, eine Art ländlicher Zufluchtsort vor der Hektik der Großstadt. Das zweistöckige Häuschen fügt sich elegant in den abwechslungsreichen Baumbestand vor Ort ein, indem es nahezu komplett aus Holz gefertigt ist, inklusive nahezu aller Einbauten.
Von Thomas Geuder, Der Raumjournalist
Das Grundstück für das Haus hat eine leichte Hanglage und bietet interessante Ausblicke. Bei gutem Wetter kann die Familie sogar auf Köln zurückblicken. So war für das Entwurfsteam von Gernot Schulz Architektur klar, dass ein Wohnhaus an diesem Ort wie ein Baumhaus sein muss, um in die Welt der Baumwipfel der Umgebung eintauchen zu können. Zusammen mit dem Bauherrn haben sie deshalb ein zweistöckiges Gebäude entwickelt, das vom Hang aus über eine Treppe direkt zum Obergeschoss, also dem Hauptwohngeschoss, erschlossen ist. Nach Eintreten befindet man sich sogleich im großen Wohnraum, der zu drei Seiten hin großzügig raumhoch verglast ist. Von hier oben hat man einen wundervollen, erhabenen und nahezu unversperrten Blick auf die üppig bewachsene Umgebung mit ihren Wechseln der Tages- und Jahreszeiten – wie in einem Baumhaus eben.
An drei Seiten ist der große Wohnraum raumhoch verglast, sodass man hier einen intensiven Eindruck von der Natur in der direkten Umgebung erhält.
Multifunktionaler Wohnraum
Der Bereich des Wohnzimmers wird von einem breiten Sofa gegenüber einem Wandschrank mit Fernseher gefasst. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums befindet sich die Küche, deren Rückseite mit Waschbecken und Herd in einer gestalterisch ähnlichen Nische wie der Fernseher untergebracht ist. Die Arbeitsfläche steht der Küchenblock frei im Raum, wodurch man beim Schneiden und Anrichten dort stets einen weiten Blick in den Wohnraum und die umgebende Landschaft genießen kann. Gleichzeitig bildet der Küchenblock den Rücken einer Sitzbank, die zum vorgelagerten Essbereich gehört. Er ist die organisatorische Mitte und der multifunktionale Ort, an dem sich die Familie treffen kann, räumlich eingespannt zwischen der Fernseh- und der Kochnische sowie dem Wohnungseingang und dem Austritt auf den Balkon.
Dem Wohnzimmer gegenüber befindet sich die offene Küche, mit Waschbecken und Herd in einer Nische und einem freistehenden Küchenblock mit Arbeitsfläche.
Die beiden Stockwerke des Hauses werden über eine architektonische Raumskulptur miteinander verbunden, mit den Treppenläufen, Schränken, der Küche sowie einer Vorratskammer. Sie endet oben in einer Lichtkuppel, durch die viel natürliches Licht hineinfällt und die sich als Luke zum begehbaren Dach öffnen lässt. Die Stufen, die von der Wohnebene nach oben führen, bestehen lediglich aus Stahlstäben, durch die das Licht bis nach unten fallen kann. Im hinteren Bereich des Obergeschosses befindet sich noch das Elternschlafzimmer mit angeschlossenem Bad, im Untergeschoss der Technikraum, ein Bad sowie die beiden Kinderzimmer und ein Gästezimmer, alle drei mit Austritt auf eine großzügige Terrasse.
Damit die Treppe zum Erdgeschoss viel natürliches Licht erhält, sind die Treppenstufen vom Obergeschoss zum begehbaren Dach lediglich aus Stahlstäben gefertigt.
Leichtbau aus Holz
Nahezu alles am und im Haus besteht aus Holz. So fällt bereits in der Außenansicht die markante Fassade ins Auge, die mit einer dunklen, vertikalen Holzlattung verschalt ist. Sie besteht aus japanischer Zeder, die vor der Montage karbonisiert wurde. Das Holz wird dabei kontrolliert verbrannt, jedoch nur an der Oberfläche, wobei die typische Farbe entsteht. Die Karbonisierung der Oberfläche bietet jedoch handfeste Vorteile, denn das Material ist somit besser vor Wind und Wetter sowie vor Schädlichen geschützt. Dadurch ist das Holz deutlich haltbarer und langlebiger. Ergänzt wird die verkohlte Fassade durch dunkle Stahlelemente, die die Fenster rahmen.
Die Fassade ist mit japanischer Zeder verkleidet, die vor dem Einbau karbonisiert wurde, um das Holz vor der Witterung und Schädlingen zu schützen.
Auch im Innenraum, der komplett von der Tischlerei Sommer aus dem nahegelegenen Breitscheid gefertigt wurde, ist Holz das vorherrschende und raumprägende Material. „Wir haben“, berichtet Franz Sommer, „das Haus als Möbel betrachtet, also im Grunde, wie wenn man ein Möbelstück plant, nur eben im größeren Maßstab.“ Entsprechend wurde immer wieder zusätzlicher, versteckter Stauraum geschaffen, ähnlich wie in einem Wohnmobil. Es kamen zwei Holzarten zum Einsatz: Die Wandvertäfelungen und die Schrankfronten bestehen aus Weißtanne, ein ökologisch recht günstiges, weil gut nachwachsendes Holz. Küche, Badezimmer und Treppenstufen sind in Esche gebaut, eine frische Alternative zur zeitlosen Eiche. Alle Hölzer im Interieur wurden gebürstet und gelaugt, die Weißtanne dann geseift und die Esche geölt. So ist es dem Team aus Bauherrenschaft, Tischlerei und Architekturbüro gelungen, ein nicht nur sehr leichtes, sondern auch hochwertiges Haus mit hohem Wohlfühlfaktor durch die natürliche Materialität zu errichten.
In den Wänden – wie hier im Erdgeschoss – ist immer wieder praktischer Stauraum versteckt.
Der Hauptzugang erfolgt über eine breite Treppe direkt ins Obergeschoss.
© Alle Bilder: Barbara Sommer / Tischlerei Sommer